jnana-Yoga, Portrait eines jnana-Yogi, Foto
jnana-Yoga
der Pfad der Erkenntnis
die Befreiung des Denkens
Aufgaben und Vision des Verstandes
mit dem eigenen Fühlen und Denken im Einklang leben
die vier Lebenszentren des Menschen
Zumeist jeder von uns hat eine 'Zentrierung', einen 'Ort' unseres Lebensfeldes, den wir aufsuchen, wenn wir uns stärken, weiterentwickeln und an dem unsere Stärken liegen. Es ist das, was uns am ehesten erfüllt und an dem wir am meisten erblühen.
Manche und mancher geht ganz im Tun auf. Im Vollbringen, Bewerkstelligen, Reparieren und physischen Erstellen ist er im Fluss. Er denkt, fühlt, empfindet seinen Körper, spürt und alles dieses ist dem Erschaffen eines Werkes oder der einfachen Arbeit gewidmet. Im Tun strahlt er Ruhe und Gelassenheit aus und jeder, der ihn bei seiner oder ihrer Arbeit beobachtet, empfindet Anerkennung für sein gelassenes und gleichzeitig höchst wirkungsvolles Tun. Während und nach seiner Arbeit, die für ihn keine Arbeit ist, strahlen seine Augen.
Mancher und manche blüht in der körperlichen Ertüchtigung auf. Alles in ihr ist im Ausführen der Übungen oder Disziplinen im Fluss. Für sie und ihn ist es kein 'Ausführen', sondern eine vollkommen natürliche Abfolge von Muskelbewegungen, Stellungen, Haltungen und Aktionen der Gliedmaßen und des ganzen Körpers. Wenn sie in der körperlichen Betätigung denkt, fühlt und spürt, ist dieses ganz in das Üben eingebunden und diesem dienlich. In dieser Betätigung strahlt sie Ruhe, Kraft, Würde, Energie, Gesundheit, Gelenkigkeit und Geschmeidigkeit aus. Jeder und jede, die sie bei ihrem Training beobachtet, empfindet Anerkennung für den Zustand und die Fähigkeiten ihres Körpers und Gemüts. Während und nach ihren Übungen, die für sie selbst keine Übung ist, hat sie strahlende Augen.
Mancher und manche geht ganz in der Begegnung des Herzens auf. Ihr Wesen erblüht im gemeinsamen Singen, Musizieren und in jeder Form von Begegnung, in der alle ihr Herz offen haben, halten und ihr Fühlen und Inneres miteinander teilen. Das offene Herz berührt alle anderen Herzen, ohne sich zu stoßen oder zu verletzen. Im verbundenen Kreis sind sämtliche Gefühlsfärbungen willkommen und fließen in einem gemeinsamen Kanal in den Strom des Lebens, auf eine reinigende und klärende Art und Weise. Während des Singens, Musizierens und Zusammenseins tauchen immer wieder auch Gedanken und Körperempfindungen auf, doch diese finden wenig Bedeutung im gemeinsamen Sein und fügen sich zumeist in den Fluss des Empfindens ein. Im Annehmen allem, was ist, findet Erlösung statt. In der herzlichen Verbundenheit mit ihr selbst oder im Kreis mit Gleichgesinnten atmet sie auf, tankt neue Lebensenergie, findet in ihre Würde, Ruhe, Kraft und Ausstrahlung und jeder, der ihrem offenen Herzen begegnet, wird sich der Größe ihrer Seele bewusst. Sie liebt diese Begegnungen mit sich selbst und mit anderen und ihre Augen strahlen.
Manche und mancher geht ganz im erkennenden Denken auf. Sein Wesen erblüht im Durchdringen von gedanklichen Räumen, im Finden von geistigen Wegen und Lösungen, im Verbinden von Zusammenhängen zu einem klaren Verständnis und damit in der Erkenntnis des Lebens selbst, das sich auch im Denken zeigt. Sein klarer Verstand kennt keine Grenzen und nichts kann ihn gefangen nehmen. Er oder sie liebt es, sich geistigen Herausforderungen zu stellen und das scheinbar Unlösbare in seine Teile zu zerlegen, um es anschließend zu einem für alle Mitmenschen Gebräuchlichen wieder zusammenzubauen. Er ist ein Meister im Erklären und jeder, der ihm zuhört, geht von ihm mit dem Gefühl, es zum ersten Mal wirklich verstanden zu haben. Kaum etwas in seinen gedanklichen Strukturen ist ein eingefügtes, von anderen Menschen vorgefertigtes Konzept; alle seine Gedankenstrukturen sind selbst erfahren, selbst geprüft, haben sich in seinem eigenen Leben und Denken bewährt und sind damit selbst angelegt. Sein Gehirn hat die Kraft und Freude, unablässig neue Synapsen zu bilden und alte, hinderliche Strukturen aufzulösen. Der und die im Verstand Erwachte lebt in der Erkenntnis, dass es nur ein Leben und eine Lebendigkeit gibt, die wir alle gleichsam sind, und lebt so im Denken in Verbundenheit mit allen Menschen und Wesen um ihn. Er und sie hält das eigene Denken stets rein, so wie die Herzoffene ihr Fühlen rein hält, die Körperliche ihren Körper gesund und der Tätige sein Arbeitsfeld und seine Werkstatt aufgeräumt.
Haben Sie sich beim Lesen in einer der vier Zentrierungen wiedergefunden?
Wir alle habe Sehnsucht nach dem einen weiten, reinen Gewahrsein, dem Feld der bedingungslosen Liebe, in der wir mit allen Wesen und dem Leben selbst verschmolzen sind. Unsere Zentrierung ist das Tor in uns, durch das wir am ehesten diese Transzendenz erfahren können. (lat. 'trans' hindurch, über ... hinaus)
Jeder dieser vier Ausprägungen ist ein Weg, der unser noch verstricktes und scheinbar vereinzeltes Gemüt in die Erfahrung der Kraft, Liebe und des Lichtes der einen Verbundenheit führen kann. In Sanskrit sind diese vier Pfade karma-, hatha-, bhakti- und jnana-Yoga benannt.
Leben und Vorlieben des karma-, hatha-, bhakti- und jnana-Yogi
Wir sind innerlich wie ein Haus mit vier Außenseiten und Räumen:
Der karma-Yogi hat die ganze Seite seines inneren Hauses von Osten über den Süden bis in den Westen als eine große Werkstatt der Welt eröffnet. Er lebt im Kontakt mit anderen Menschen, die ihm Arbeit geben und praktischen Rat suchen. Er tut stets das Naheliegende, ohne sich in der Fertigstellung eines Werkes ablenken zu lassen. Die Arbeit für andere und mitunter auch für sich selbst ist für ihn oder sie genügend körperliche Ertüchtigung, so benötigt er keinen Körperübungsraum in seinem Haus. Allen Menschen begegnet er in seiner geräumigen Werkstatt. Sein Büro ist klein, nach Norden ausgerichtet und ein von ihm wenig geliebter Aufenthaltsort. karma-Yoginis finden sich u. a. unter den Töpferinnen, malenden und bildhauenden Künstlerinnen, Schneiderinnen und Architektinnen. Die Tugend des karma-Yogis ist Kraft und Wille.
Der hatha-Yogi und die hatha-Yogini hat nach Osten, Süden und Westen ein oder mehrere große, verbundene Räume mit warmem Holzboden, hohen Decken und großen Fenstern und offenen Türen in die unmittelbar vor ihrem Haus beginnende Natur, in denen sie ihre täglichen, ausgedehnten Körperübungen praktiziert und oftmals auch Mitmenschen zu ihnen einlädt. Zumeist lebt sie erfüllt auf sich gestellt, ohne ein wirkliches, festes Zuhause in der physischen Welt zu benötigen, und in Verbundenheit mit für sie ausgewählten Plätzen der Erde und Natur. Wenn sie, zumeist nur mit ihrer Übungsmatte unter dem Arm, reist, findet sie stets für sie kraftvolle Orte, die sie nähren und ihrem inneren Haus entsprechen. Mitmenschen trifft sie im gemeinsamen Praktizieren in ihrem Übungsraum oder im Garten. Sie hat kein Büro und keine Bibliothek und überhaupt wenig weltliche Dinge und Möbel. Sie meditiert nach ihren Übungen, isst wenig, lebt sehr gesund und denkt kaum über sich und andere nach. Ihre Tugend ist die Stille.
Der bhakti-Haus ist das prunkvollste von allen und wirkt wie ein Palast oder Tempel. Den schönsten Raum in der Mitte seines Hauses, nach Süden gerichtet, hält der bhakti-Yogi für die Begegnung mit Mitmenschen geöffnet und diese kommen auch nahezu täglich und füllen sein Haus mit Leben, Lachen, Freude und Gesang. Der Raum und das ganze Haus ist voller Wärme, Farben und passenden, stilvollen Möbel eingerichtet. An der Seite des Hauses hat der bhakti-Yogi einen behaglichen Lese-Wohn-Raum mit vielen Büchern und auf der Rückseite des Hauses eine kleine, gemütliche Werkstatt. Der bhakti-Yogi lebt im Kontakt mit gleichgesinnten Menschen und in der Verbundenheit mit anderen Wesen, auch außerkörperlichen, auf. Überall, wohin er kommt, verbindet er sich wie automatisch mit anderen herzoffenen Menschen und findet so schnell anregenden und hilfreichen Kontakt. Der bhakti-Yogi denkt: «Im Fühlen und Spüren erfahre ich mich selbst.» Er denkt und spricht viel und gerne über sein Innenleben und sucht stetig mit anderen Menschen nach neuen spirituellen Wegen. Seine Tugenden sind Annehmen und Hingabe.
Der jnana-Yogi lebt erfüllt auf sich selbst gestellt. Phasen des Kontakts mit Mitmenschen und des Alleinseins wechseln sich ab, ohne dass es seine eigene, innere Verbundenheit mit dem Leben selbst verändert. Im Osten seines inneren Hauses hat er einen schlichten, weißen, nahezu leeren Raum zum Schlafen und Meditieren, im Süden ein Zimmer zum Gespräch und zur Begegnung. Im Raum nach Westen steht am Fenster ein großer Schreibtisch, ein einzelner Stuhl ohne Lehne, ein Regal mit wenigen, ausgewählten Büchern und auf dem Boden an der Wand liegt ein großes quadratisches Sitzkissen, um in den Pausen Ruhe und Inspiration zu finden. Im Norden liegt seine Werkstatt. Mit Ausnahme des kleinen Schlafraumes, in deren Ecke eine Yoga-Matte eingerollt steht und auf der er jeden Morgen nicht mehr als zwanzig Minute seinen Körper dehnt, sind die anderen drei Zimmer etwa gleich groß. Der jnana-Yogi denkt: «Im Körper, Fühlen, denken, Spüren, in der Natur und im Kontakt mit anderen erfahre ich mich selbst. Ich bin das Leben selbst.» Er wird von seinen Mitmenschen geschätzt, seine Präsenz als angenehm, seine Worte und sein Wissen als bereichernd empfunden und doch wahren die meisten Menschen zu ihm einen Rest von achtsamer Distanz. Seine Tugend ist die Disziplin.
Kaum ein Mensch ist einer dieser Yogis allein. Beim Voranschreiten auf dem Pfad der Zentrierung wachsen die anderen Tugenden stets nach.
die Lehre und das Denken des jnana-Yogi
Der jnana-Yogi und die jnana-Yogini erkennt sich selbst als Körperwesen, Gemütswesen und (reiner) Geist zugleich und in allen diesen Ebenen des Daseins das eine, allem innewohnende Leben. In jedem Menschen sieht er den lichtvollen Kern, den er ebenso in sich selbst in jedem Strom seines Erlebens wahrnimmt. In seinem Denken findet jedes eigene und weltliche Geschehen seinen Platz in dem einen Strom der Lebendigkeit. Das reine Sein ist für den jnana-Yogi die höchste Essenz des Daseins.
Jesus (frz. je suis = ich bin) Jeschua Christus, Das Thomas Evangelium, Vers 2: «Wer sucht, soll weitersuchen, bis er findet. Und wenn er gefunden hat, wird er bestürzt sein. Und wenn er bestürzt ist, wird er staunen, und er wird über das All herrschen.»
Ramana Maharshi, Gespräche des Weisen, 10. Juni 1938: «Der jnani selbst kennt die Wahrheit und verwechselt seinen Körper nicht mit dem Wahren Sein.»
Swami Vivekananda: jnana Yoga, Kapitel IV: «Der Jnani … muss rein werden, alle Begierden töten und aufhören, sich mit dem Körper zu identifizieren. … Nur wenige sind kühn genug, auf den Himmel, auf den persönlichen Gott und auf Belohnung zu verzichten und dafür den Gott in sich zu verwirklichen. … Der Mensch ist stets vollkommen, sonst könnte er es niemals werden, aber es muss es in sich erfahren. … Solange wir noch auf irgendetwas hoffen, solange beherrscht uns Begierde. … Worauf hoffst du, du bist doch das All allen Seins!»
Teil der  jahnna jahnna-Projekt, Logo Initiative
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jnana-yoga.de veröffentlicht am 15.2.2015, letzte Änderungen am 5.3.2015
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